Während ich versuche meine Erinnerungen an Französisch Guyana hervorzuholen und zu sortieren, um für Euch diesen Artikel zu schreiben, bemerke ich, dass wahrscheinlich ein Artikel nicht reichen wird. 4 Wochen haben wir mit Santana hier verbracht. 4 Wochen Südamerika, Regenzeit, Weihnachten und Silvester. Elouan und Leo haben uns gen Chile verlassen, dafür sind Wito und Marcel zu uns gestoßen und unsere Crew ist nun wieder komplett.
Wir haben uns entschieden, 20 Seemeilen im Landesinneren in der Hafenstadt Saint-Laurent-du-Maroni zu verbringen. Maroni ist der Grenzfluss zu Surinam auf dem wir durch den Dschungel bis in die Stadt gefahren sind. Der Fluss erinnert ein bisschen an die Elbe: das gleiche bräunliche Wasser, die gleiche Welle bei Wind und Strom aus verschiedenen Richtungen und auch die Breite lösen Heimatgefühle bei uns aus. Das war es aber auch schon mit der Ähnlichkeit, denn wir begegnen in den 4 Stunden Flussfahrt keinem anderen Schiff und der Fluss wurde nirgends vertieft oder begradigt, sondern folgt seinem natürlichen Verlauf. Zudem ist der Maroni an beiden Ufern von dichtem Regenwald umgeben. Dessen Geräusche und Gerüche werden wir nie vergessen. Da hängt ein Faultier im Baum, da umschwirren uns Wespenähnliche Insekten und versuchen direkt ein neues Zuhause im Großsegel zu finden, da schwimmt eine riesige Schildkröte in der Flussmündung. Wir wissen nie so recht, wo wir zuerst hinsehen sollen. Caymane und Anakondas haben beschlossen, uns nicht zu erschrecken und bleiben das Geheimnis des Dschungels. Aber auch sie gibt es hier. Ebenso wie Piranhas. An die kleinen Fleischfresser sollten wir von nun an eine besondere Erinnerung haben. Als wir an Silvester von zwei Fischern Wels kaufen, packen Sie zum Probieren auch einen Piranha mit dazu. Das Gebiss des kleinen Fisches ist beeindruckend. Erst später fällt uns auf, dass einer der Fischer am Finger einen Verband trägt. Ein Piranha hatten sich ins Netz verirrt in dass der Fischer am Tag zuvor gegriffen hatte. Der Verband sieht alt und kaputt aus und wir bieten an, die Wunde neu zu versorgen. Eine gute Idee. Im Finger fehlt ein Stück in genau der Größe des Piranha-Mauls, das für unser Fischcurry vorgesehen ist… Wir lernen einen gewissen Respekt vor der Natur Französisch Guyanas, die uns aber dennoch immer wieder anzieht.



Und so fahren wir – auch an Silvester – mit eben jenen Fischern, die uns eben noch mit Fisch versorgt haben, in ihrem Boot durch die Creeks. Das Boot ist eine Pirogue, wie sie hier von allen Seeleuten, Taxifahrern und Fischern hier genutzt wird. Der Einbaum mit dem wir unterwegs sind, ist 50 Jahre alt. Er verwindet sich stark im Strom des Maroni. Kujschka muss schöpfen, tut dies aber immer mit einer Ruhe, die uns Vertrauen schenkt – er kennt sein Boot. Als Anker nutzt er eine alte Lichtmaschine – Gutes Downcycling, denn die schwere Maschine hält das Boot sicher, als wir zum Beispiel auf der kleinen Flussinsel anlanden, auf der früher einmal ein Lebra-Hospital angesiedelt war. Zwischen den alten Anlagen wachsen Mangobäume und wir sammeln und genießen einige herrlich süße Früchte.
Kujschka und Theodore fahren tief in die Creeks mit uns und immer bleibt der Blick gespannt auf dem Wasser: war da eine Anakonda? Die beiden , Lachen verschmitzt. Das Grün des Waldes, hier in den Creeks aber auch auf unseren Touren nach Cayenne und Apatou ist sagenhaft. Bäume, Mangroven, Schlingpflanzen, Blumen, Büsche und Gräser – alles scheint miteinander undurchdringlich verwoben zu sein. Ja, dies ist die grüne Lunge Frankreichs und uns wird bewusst und auch von Einheimischen bestätigt: von diesem Fleckchen Erde wird sich Frankreich niemals freiwillig trennen – schon wegen der guten Emissions-Bilanz.








Neben der Natur entdecken wir auch die Geschichte des Landes. Zum Beipiel das Camp de la Transportation von Saint-Laurent mit den dazugehörigen Gefängnisanlagen auf den Iles de Salut. Hier saß „Papillon“ ein, der für uns aus dem gleichnamigen Film bekannt ist. Es ist eng im Gefängnis von Saint-Laurent, die Arbeit in der Ziegelei ist hart und die Guillotine als Mahnmal ständig sichtbar in der Mitte des Gefängnisses platziert. Wer einen Wärter angreift, wird geköpft. Wer das Gefängnis überlebt und seine Strafe absitzt ist im Anschluss aber noch lange nicht frei. Er muss bleiben und das Land aufbauen. Den Weg zurück nach Frankreich finden die allerwenigsten.

Übrigens erfahren wir, dass eben jene Guillotine immer noch hinter den Mauern des Gefängnisses eingelagert ist…
Jeden Tag blicken wir von unserem fantastischen Liegeplatz im Hafen hinüber nach Surinam. Ununterbrochen passieren Piroughen unser Schiff. Sie bringen Schüler zur Schule, Einkäufe nach Hause, Touristen nach Albina oder transportieren Fässer mit Kraftstoff. Auf einem Foto sehen wir, dass zwei Piroghen zusammen auch schon mal eine Straßenwalze über den Fluss gefahren haben. Die Schiffsführer bunten kleinen Boote grüßen uns immer überschwänglich und winkend, wenn sie die Santana passieren.
Bevor wir nach Französisch Guyana kamen, wurden wir vor der Kriminalität in diesem Land gewarnt. Immer wieder sollen Boote ausgeraubt, Menschen verschleppt und Frauen vergewaltigt werden. Wir erkundigen uns beim Auswärtigen Amt und finden keine Bestätigung für diese Warnungen. Dennoch halten wir uns an die Verhaltenstipps der Einheimischen. Die Polizei kommt sogar zweimal zum Boot, um uns zu erklären, wo wir uns aufhalten sollten und wo lieber nicht. Michelin erzählt uns später, dass es in St.-Laurent nur wenig Probleme gibt, schlimmer seien die Zustände in Surinam. Das Land ist reich, aber schlecht regiert. Wir halten uns an die Regeln, gehen nur gemeinsam los und nie in Dunkelheit zurück. Wir nehmen Kontakt auf und kommen mit den Menschen ins Gespräch. Viele kennen uns bereits nach wenigen Tagen. Wir haben uns nie unsicher gefühlt, aber wie gesagt: wir haben auch nichts provoziert.
Wir haben so viele tolle Menschen getroffen, haben die Lebensweise und -einstellung erfragt und beobachtet und können heute nur sagen, dass wir von diesem freundlichen, hilfsbereiten Menschen viel mitnehmen. „Wo geht es zum Supermarkt?“ „Komm, ich fahre dich schnell hin!“. „Kannst du uns ein Taxi rufen zur Destille?“ „Nein, euch fährt mein Freund und hilft euch dort beim Dolmetschen“. So geht es in einer Tour. Alle lassen oftmals alles stehen und liegen, wenn wir Unterstützung benötigen. Mehr als 3 Wochen lagen wir kostenlos im Hafen, konnten Waschen, duschen und hatten ein klimatisiertes Büro zur Verfügung. Das Gelände wurde 24 Stunden bewacht. Das alles machten Lucien und Michelin möglich, denen wir sehr, sehr dankbar sind. Ohne sie hätten wir das Schiff nicht so entspannt verlassen können, um das Land zu entdecken. Weihnachten bei Michelin war spannend, das Essen hervorragend und noch schöner das Resteessen am 1. Weihnachtsfeiertag.
Wir sagen Danke Französisch Guyana für deine Gastfreundschaft!
St.-Laurent-du-Maroni

















Apatou






Unser Zuhause – der Hafen








