You are currently viewing Madeira in Sicht – der letzte Törn zu zweit

2:30 Uhr am Montagmorgen. Klausi erlöst mich aus einem Traum (ich war wieder zurück in der Schule, keiner grüßt, alle beschäftigt und ich merke: ich war noch gar nicht weg! Na dann mal los…).
„Man sieht die Umrisse von Porto Santo!“ – gute Gründe aufzustehen und sofort bin ich hellwach und gut drauf. Und wirklich: dank des Vollmondes sehen wir die hügeligen Umrisse eines kleinen Eilands! Land in Sicht nach 6 Tagen Überfahrt. Ein tolles Gefühl.

Insgesamt war es aber durchaus wieder eine Überfahrt mit Herausforderungen. Schon als wir in Nazare starteten und noch den letzten Wetterbericht über das Handy abriefen, kamen uns Zweifel: ist es der richtige Zeitpunkt? Freitag und Samstag sollen die Wellen hoch sein und die Böen in Windy standen auf rot – heißt 6-7 Bft. Die anderen Tage aber sah es gut aus. Wenn wir starten, gibt es kein zurück, nicht bei Nord-Nordost. Wir schauten uns noch einmal tief in die Augen, packten uns ein Herz und segelten los. Es ging bei herrlichem Wetter, kaum Welle und gutem Wind los. Die größte Herausforderung an der portugiesischen Küste hieß zu diesem Zeitpunkt: Fang dir kein Netz ein! Bis weit entfernt vom Land wehen die bunten Fischerfähnchen lustig und in großer Menge um uns herum auf: Slalom unter Segeln – das übt! Erst einmal in Spanien hatten wir eine kleine Fischermarkierung übersehen (in diesem Fall ein blauer Kanister, umfunktioniert zur Markierunmgsboje – blau ist eine tolle Farbwahl auf dem Wasser, zumal bei Welle ohne Fähnchen die Dinger nur kurz mal auftauchen…). Einige Meter haben wir dann Markierung samt Leine und Korb mitgezogen. Zum Glück hatte sich alles auf wundersame Weise selber wieder gelöst. Katha war gedanklich schon im Neo, um unter Wasser das Seil zu kappen…

Freitag dann waren wir zwischen einem Tiefdruckgebiet im Norden und einem Hochdruckgebiet im Süden. Der Wind wehte mit ca. 5 Beaufort und brachte regelmäßig wesentlich stärkere Böen. Unsere Besegelung war angemessen mit Schoner, Topp und Genua und Santana lief gut. Allerdings wurden seit unserer Abfahrt die Wellen auch mit jedem Tag höher. Freitag waren sie bei 9ft. Was soll ich sagen: sie sehen live immer viel höher aus…Nachts waren wir auf Höhe Gibralter und hatten den Eindruck, dass hier auch noch eine alte Welle aus der Meerenge kommt, jedenfalls waren die Schiffsbewegungen durchaus anstrengend und unangenehm. Hinzu kommt, dass bei starken Böen dann der Autopilot seinen Dienst verweigert und den Kurs nicht mehr halten kann. Ruder gehen ist angesagt. Grundsätzlich kein Problem, aber wenn ich auf Wache Ruder gehe, findet keine Navigation etc. statt. Ich stehe ja am Ruder. Heißt: Klaus schläft auch nicht. Wie wir hier sagen: Das Konzept Schlafen wurde erstmal wieder ad acta gelegt. Naja, auch das haben wir wieder überstanden und uns tagsüber in der Sonne wieder ausgeruht. Wale gab es diemal leider keine, aber Delfine natürlich immer.
Insgesamt sind wir auf jeden Fall auch wieder besser geworden:

  1. Diesmal haben wir wirklich alles seefest gelascht! Auf den letzten längeren Schlägen sah die Messe oft aus wie nach der Schlacht von Trafalgar. Dismal bleib alles an seinem Platz.
  2. Wir haben disziplinierter unsere Wachzeiten eingehalten und außerhalb dieser Zeit geschlafen oder uns erholt.
  3. Wir haben regelmäßiger gekocht und gegessen, was leider oft auch zu zweit echt zu kurz kommt. Manchmal reicht es nur für einen heißen Kakao oder Ravioli (nichts dagegen, aber eben keine Dauerlösung). Dieses mal waren es aber auch schonmal Nudeln mit frischem Gemüse und ein Salat. Liest man 80% der Seglerblogs von Seglern, die als Paar unterwegs sind, fährt halt immer der Mann und die Frau „versorgt“ ihn und sich. Tja, das ist bei uns anders. Wir gehen beide gleichberechtigt Wache, kochen gleichberechtigt und putzen gleichberechtigt Klos. Entsprechend gleichberechtigt sind wir dann auch mal zu müde zu allem 🙂
  4. Unsere Seebeine wachsen und gedeihen prächtig. Vor 3 Tagen dachte ich mal im Bett liegend: das Schiff bewegt sich ja gar nicht?!? Ich ging an Deck und sah die Atlantikwellen und fühlte wieder, es bewegt sich doch.
  5. Vertrauen. Wir beide sind ein tolles Team. Wir vertrauen grundsätzlich aber auf See, bei schlechtem Wetter muss man sich sicher sein, dass nicht einer alleine den Helden spielt (vonwegen: lass den anderen mal schlafen, ich schaff das schon), sondern knallhart weckt. Wir wissen, dass wir uns aufeinander 100% verlassen können.

Wenn ihr weitere Tipps für das Segeln zu zweit und das Kochen bei Welle habt: gerne her damit! Wir schauen uns jetzt erstmal Madeira an!

Ab sofort sind wir zu dritt an Bord – Ursula bleibt bis zu den Kap Verden bei uns. Wir freuen uns sehr!!!

Kunst in Madeira – nachhaltig und bunt

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Erich

    Es ist einfach beeindruckend, was ihr euch vorgenommen habt!

  2. Jens

    Hallo Katharina, fein beobachtet mit dem Grüßen, obwohl „keiner“ ist vielleicht etwas hart.
    Ich schaue hier immer mal wieder rein und finde es schön, ein paar positive Vibes zu bekommen. Liebe Grüße Jens R.

  3. kathaundklaus

    Hi Jens, ja! „Keiner“ war hart, aber ja eben auch ein Alptraum 🙂 Jeder weiß, dass an der BS18 eine ganz andere Kultur gelebt wird. Schön von euch zu hören, Grüße derzeit von den Kap Verden!

  4. kathaundklaus

    Danke, Paps. Hoffe meine Satelliten-Geburtstags-Grüße sind angekommen.

  5. Susann

    Hey Katha und Klaus.
    Wünsche euch feine Tage zu Fünft und allseits schöne Eindrücke und guten Zusammenhalt!
    Beste Grüße aus Hamburch, Susann

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